Wie funktioniert eigentlich Zukunftsforschung?

Mit viel Erfahrung. Es geht um ein Scanning der Gesellschaft. Statistiken, Umfragen und Demografie spielen eine große Rolle. Man muss möglichst viele Faktoren berücksichtigen, um ein fundiertes Bild zu bekommen. 

Das heißt, eigentlich erforschen Sie die Gegenwart?

(lacht) Ja, in gewisser Weise stimmt das. Die Zukunft ist ja auch kein Ort, sondern eine Idee in unserem Kopf. Wir erforschen, was die Menschen über die Zukunft denken und von ihr erwarten. Institut für Trend- und Zukunftsforschung heißt es beim Zukunftsinstitut. Was Zukunftsforschung ist, haben wir geklärt.

Aber was ist eigentlich ein Trend?

Das hängt davon ab, ob man von Megatrends oder von Minortrends spricht. Megatrends sind Entwicklungen, die die Gesellschaft langfristig prägen. Ein für das Wohnen und die Küche wichtiger Megatrend wäre zum Beispiel die Individualisierung. Oder auch die Urbanisierung. Dass immer mehr Menschen in der Stadt leben werden, hat ganz grundlegenden Einfluss auf unsere Wohnräume. Diese Megatrends prägen dann auch kleinere, kurzfristigere Trends.

Ein solcher Trend, den Sie identifiziert haben, ist die Renaissance der Küche als Conscious Kitchen. Was heißt das konkret?

Wir haben gesehen, mit allem, was in den letzten Jahren passiert ist, dass die Menschen vermehrt in die Küche investieren. Auch zum Beispiel in gute Lebensmittel. Es wurde wieder mehr gekocht. Wir haben alle gesehen, wie wichtig diese Lebensqualität ist. Das wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen: Die Küche ist ein Zentrum im Haus. Vielleicht nicht das Herz, aber sicher der Motor des Zuhauses. Sie ist ein Ort, an dem sehr viel passiert.

In Ihrem Trendreport prägen Sie den Begriff FurNEARture für einen aktuellen Einrichtungstrend in Wohnraum und Küche. Was steckt da dahinter?

Wir haben gesehen, dass die Menschen zunehmend Individuelles, zum Beispiel von einem Handwerker Gestaltetes, haben möchten. Der Bezug zum Produkt wird wieder wichtiger. Da spielt nicht nur der ökologische Aspekt eine große Rolle, sondern auch der soziale Aspekt, persönlich hinzugehen, sich beraten zu lassen.

Vor ungefähr 15 Jahren haben Sie sich mit Ihrem Mann in Wien ein Zukunftshaus gebaut. Mittlerweile ist diese Zukunft ja eingetroffen. Gibt es rückblickend etwas, das Sie anders gemacht hätten?

Eigentlich nicht. Vielleicht hätten wir keinen Gasherd eingebaut (lacht). Wir haben mittlerweile das Haus komplett umgestellt, sodass wir kein Gas mehr brauchen, der Herd wartet noch darauf, getauscht zu werden. Aber von der Ergonomie, von der Mischung aus Alt und Neu, von der sozialen Konfiguration her haben wir gute Entscheidungen getroffen. Wir haben zum Beispiel keinen klassischen Esstisch, sondern so einen hohen Tisch, an dem man mit Barhockern sitzt. Das ist ein sehr kommunikativer Ort, das hat sich auch in der Pandemie, als wir plötzlich zu sechst im Haus waren, wieder gezeigt. Wir haben damals ein Smart House gebaut, das sozial smart ist. Ich habe nicht viele Geräte. Da wird man schnell zum Hausmeister seiner Gerätschaften.

Wenn man die Zukunft erforscht, kann es natürlich einmal vorkommen, dass man sich irrt. Wie gehen Sie damit um? Ärgern Sie sich?

Ich ärgere mich eigentlich nie. Natürlich kann man nicht alles richtig vorhersagen. Aber gerade die Megatrends sind schon sehr treffsicher, das sind Entwicklungen, die uns ja über Jahrzehnte begleiten werden.

Vielen Dank für das interessante Gespräch!

Copyright: Oona Horx Strathern, CEO Zukunftsinstitut, www.strathern.eu / Foto: Klaus Vyhnalek, www.vyhnalek.com; Küche ewe Nordic